10.Mai.2022

Breema – die Kunst präsent zu sein

von Cornelia Weiss

Als ich vor fast 20 Jahren das erste Mal von Breema las und mich entschloss, Breema-Seminare zu besuchen, habe ich nicht geahnt, wieviel tiefere Bedeutung mein Leben durch meinen Weg mit Breema bekommen würde. Auch heute stelle ich immer wieder fest, dass es sich selbst für interessierte Menschen nicht so leicht erschließt, was Breema eigentlich ist und wieviel Weisheit und praktisch anwendbare Lebenshilfe darin verborgen ist.

In Breema-Seminaren wird Körperarbeit praktiziert. Da sind zum einen die Einzelübungen, Selbst-Breema genannt, und zum anderen die Partnerübungen, die auch die Grundlage für Breema-Sessions sind. Die Übungen werden in großer Schlichtheit vermittelt, sehr konkret und erdverbunden und ohne kopflastigen Ballast. Nur ihre inspirierenden, oft poetisch anmutenden Namen lassen schnell erahnen, dass es hier um sehr viel mehr geht als nur um eine Entspannung und Vitalisierung des Körpers.

Die Breema-Körperarbeit ist untrennbar verbunden mit der Philosophie von Breema, die ihren Ausdruck unter anderem in den neun Prinzipien der Harmonie findet. 

Sie ist eine Philosophie des Daseins. 

Die Anwendung von Breema eröffnet uns die Möglichkeit, zu einer unmittelbaren Erfahrung unseres Daseins zu kommen. Und wenn wir im gegenwärtigen Moment präsent sind, sind wir frei von unseren Konditionierungen und Identifikationen. Für diesen Moment. Jede Aktivität des Körpers ist Breema, wenn ich präsent bin.

Aber wie bin ich zu Breema gekommen? Wie unterstützt Breema mich in meinem Leben?Ich glaube, der wichtigste Impuls war der Wunsch nach Selbsterkenntnis. Er hat mir geholfen, meinen ganz eigenen Weg zu gehen, auch jenseits von Konventionen. Er gab mir auch in Krisen Mut und Kraft, da ich noch im tiefsten Elend wusste, dass auch diese Erfahrung mir neue Erkenntnisse bringt und somit Sinn hat.

Aufgewachsen in einem systemkritischen Elternhaus in der DDR, ein Elternteil in der katholischen, das andere in der evangelischen Kirche beheimatet, wurde mir früh klar, dass die Dinge nie einfach so sind, wie jemand sie darstellt, dass es sich immer lohnt, genauer hinzuschauen. Ausgestattet mit einer hohen Wahrnehmungssensibilität hatte ich zudem schon immer einen feinen Sinn für Atmosphärisches, für Stimmungen zwischen Menschen und dafür, wenn Menschen in sich selbst „nicht stimmig“ sind.

Als Schülerin hatte ich keinerlei Vorstellungen, was ich beruflich machen wollte. Bevor ich mit irgendeinem Studium oder Ausbildung beginnen konnte, arbeitete ich ein Jahr als pflegerische Hilfskraft auf einer Leukämie-Station. Dann entschied ich mich, Psychologie zu studieren, da ich mir von einem Psychologiestudium am ehesten erhoffte, die Menschen und damit mich selbst besser verstehen und mein Leben besser meistern lernen zu können. 

Ich wusste, als Psychologin würde ich immer aufgefordert sein, auch an meiner eigenen Entwicklung zu arbeiten. Geblieben ist der Eindruck, dass es in der Psychologie sehr unterschiedliche, auch gegensätzliche Menschenbilder gibt, dass Forschung sich immer nur mit Detailfragen beschäftigen kann, nie mit einem wirklich umfassenden Bild, dass Theorien doch immer nur vorläufige Theorien sind und dass wissenschaftliche Inhalte und Ergebnisse sehr abhängig sind vom jeweiligen Stand der Gesellschaft. Wobei ich noch das Glück hatte, an einem gesellschaftskritischen, geisteswissenschaftlich orientierten Institut zu studieren. Heute freue ich mich zu sehen, dass immer mehr Wissenschaftler und akademisch ausgebildete Menschen den Mut haben, auch andere Erkenntniswege zu gehen und gesellschaftliche Normen in Frage zu stellen.

Als die Studienzeit dem Ende entgegen ging, entschied ich mich, nach dem Studium erst einmal für ein Jahr allein nach Neuseeland zu gehen. 

Ich hatte drei Fragen im Gepäck: 

Was ist Liebe?

Was ist Freiheit?

Was ist Spiritualität? 

Ich konnte erste Antworten finden sowie viele weiterführende Fragen. Vor allem habe ich durch dieses Jahr Vertrauen gefunden: Vertrauen, dass ich unterstützt bin. Vertrauen in unsere wahre Natur. Und es hat sich mir der Zugang zur englischsprachigen Welt eröffnet.

In meiner späteren psychologischen Arbeit waren immer mein Kopf und mein emotionales Mitschwingen gefragt. Nun wollte ich etwas für meinen Körper tun und auch mit körperlichen Berührungen arbeiten. Bei der Suche nach einer geeigneten Körperarbeit stieß ich auf einen Artikel über Breema und war sofort angesprochen. Die Fotos von der Körperarbeit berührten eine Sehnsucht in mir nach dieser annehmenden Art des Gehaltenseins und Berührt- und Bewegtwerdens. Das wollte ich auch erleben und erlernen. Der dazugehörige Artikel und die dort aufgelisteten „Prinzipien der Harmonie“ ließen mich erahnen, dass ich hier auf eine Goldgrube für meinen Wunsch nach Selbsterkenntnis gestoßen war. Denn, so stellte ich mit der Zeit fest: 

Breema ist ein Weg zur Selbst-Erkenntnis.

Besonders sprach mich sofort an, dass Breema keinen diagnostischen oder therapeutischen Ansatz hat, dass wir als Praktizierende also nicht wissen und erfüllen können / müssen, was der andere braucht. Was für eine Befreiung!

Es geht im Gegenteil darum, dass wir als Praktizierende lernen, es uns selbst gut einzurichten, uns zu entspannen und präsent zu sein. Indem wir lernen, Körper, Verstand und Gefühle zu vereinen, eröffnen wir uns den Zugang zu einem höheren Bewusstsein. Von Moment zu Moment. Dann bin ich als Praktizierende mit dem Anteil in mir verbunden, der „völlig in Ordnung“ ist und verbinde mich von dort aus auch mit diesem Anteil im anderen. 

Darin erlebe ich uns nicht als getrennt. Darin sind wir eins. 

Ich machte die Erfahrung, dass die intensive Auseinandersetzung mit Breema mein Vertrauen in unsere wahre Natur enorm wachsen lässt: Im gegenwärtigen Moment finde ich Zugang zu einer geeinigten Autorität in mir, die mir hilft, immer wieder über die Begrenzungen der Persönlichkeit hinauszugehen. Jenseits meiner Geschichte erfahre ich Verbundensein und inneren Frieden. Ich kann klarer sehen, das, was ich über mich sehe, annehmen und so dem Leben auf neue Weise begegnen. 

Breema ist daher zu einer zentralen Säule in meinem Leben geworden, und durch das Geben von Breema Sessions (seit 2002 zertifizierte Breema-Praktizierende) und das Anleiten von Breema-Seminaren (seit 2004 zertifizierte Breema-Lehrerin) habe ich die Möglichkeit auch anderen Menschen diese essentielle Unterstützung zu geben. Die Ausrichtung darauf, wirklich präsent zu sein, mit dem, was ich tue, unterstützt natürlich auch meine psychologische Arbeit grundlegend. Denn wenn ich wirklich da bin, dann bin ich einfach, klar und nahbar und handle aus einer inneren Autorität heraus. 

Und wenn ich meine Anteile sehen, annehmen und im Moment aus der Identifikation heraustreten und darin innere Freiheit erfahren kann, kann ich auch den anderen neu und wertfrei sehen und in tiefer Weise annehmen.

Breema gibt uns Richtung und Handwerkszeug. Im Grunde ist der erste Schritt immer wieder, die Aufmerksamkeit des Verstandes auf den Körper zu lenken und Körper und Verstand zusammenzuhalten, bis auch das Gefühl als unterstützende Energie hinzukommt. Dann erfahren wir, dass sich „das Herz öffnet“: Wir nehmen uns als in uns geeint und verbunden mit dem Leben wahr, sind bewusster, annehmender, liebevoller. 

Wir erschöpfen uns nicht, da wir aus der Quelle schöpfen.

In Breema sprechen wir auch vom „Geschmack“ des Präsent-Seins. Und ist es nicht das größte Geschenk, das wir uns selbst und einander bereiten können, in der Begegnung mit anderen ganz präsent und wach mit offenem Herzen da zu sein? Wenn wir das im Alltag so oft wie möglich erleben wollen, können wir uns von den neun Prinzipien der Harmonie leiten lassen:

  • Wie oft sind wir gefangen in der Erfüllung von Pflichten oder Terminen. Wir harren aus, halten durch, verbiegen uns. Das Prinzip Körper bequem erinnert uns daran, dass unser Leben jetzt stattfindet und dass wir gut für uns sorgen, dass wir uns mit unserer Lebenskraft und Freude verbinden dürfen.
  • Wenn wir hinschauen, stellen wir fest, dass unser Verstand ständig damit beschäftigt ist zu kommentieren und zu beurteilen oder über die Vergangenheit oder Zukunft nachzudenken.    Wenn ich präsent bin, kann ich sehen, was ist. Da ist keine Beurteilung, sondern Verstehen und Annehmen. Denn dann schaue ich mit einem anderen, einem wacheren Bewusstsein.
  • Wir erschöpfen uns mit Zeitdruck und Stress, aber wir können auch das Prinzip Keine Eile, keine Unterbrechung anwenden, indem wir dem, was wir gerade tun, unsere volle Aufmerksamkeit schenken. 
  • Wenn wir ganz bei dem sind, was wir gerade tun, hat das die Qualität von Einziger Moment – einzige Aktivität. Dann ist jeder Moment neu, frisch und ganz lebendig.
  • Wir brennen aus, weil wir so viel für andere geben, beruflich oder privat. Wenn wir mit dem Herzen verbunden sind, können wir erfahren, dass Geben und Nehmen gleichzeitig stattfindet, dass in jedem Moment gegenseitige Unterstützung geschieht, weil uns das Dasein unterstützt. 
  • Wir haben bestimmte Vorstellungen, die wir durchsetzen wollen, strengen uns an. Breema zeigt uns, wie wir ohne Kraftanstrengung viel bewegen können.
  • Meist pendeln wir zwischen Anspannung und Erschöpfung. Wenn wir aus dem Herzen leben, können wir erfahren, dass unser Ausdruck gleichzeitig sanft und bestimmt ist. Wir können aufrecht und entspannt durchs Leben gehen.
  • Wir verbrauchen viel Energie in dem Versuch, ein mühsam aufgebautes Selbstbild aufrecht zu erhalten, Erwartungen zu erfüllen, etwas Besonderes zu sein. Wir könnten aber auch in die Einfachheit kommen, in die Erfahrung unserer wahren Natur, die einfach ist. Dafür ist nichts extra nötig.
  • Was, wenn wir das, was wir eh gerade tun, mit ganzer Beteiligung tun? Verbunden mit dem Körper, Verstand fokussiert und klar, das Herz offen. So könnten wir üben Auto zu fahren, anderen zuzuhören, eine Treppe zu steigen, ein Brot zu schmieren, an der Kasse zu warten … 

Gesundheit ist ein wichtiges Thema für uns. Was aber heißt „Gesundheit“ wirklich? Breema gibt die überraschende Antwort:
„Wahre Gesundheit bedeutet nur eins: Harmonie mit dem Dasein.“

Breema ist ein Weg, der uns hilft, in jeder Lebenssituation in eine tiefere Verbindung mit unserem Selbst, dem Sein zu kommen, das in Harmonie mit dem Dasein ist.

Über Cornelia Weiss

Cornelia Weiss ist 1970 geboren und in Berlin aufgewachsen. 

Sie absolvierte an der Freien Universität Berlin. ein Psychologie-Studium, dass sie 1998 mit dem Diplom abgeschlossen hat.

Cornelia weiss

Wichtige spirituelle Impulse bekam sie während des freien Jahres in Neuseeland, wo sie durchs Land zog und für Kost & Logis auf Bio-Höfen und in Gemeinschaften arbeitete. 

Anfang 2000 ist sie nach Sylt gezogen, wo sie 10 Jahre als Psychologin in einer Berufsbildungseinrichtung mit Jugendlichen und jungen Erwachsenen tätig war.

Seit 2001 beschäftigt sich Cornelia Weiss kontinuierlich mit Breema, einem universellen und lebenspraktischen Weisheitsweg zu Selbsterkenntnis und Selbstverwirklichung.

Seit 2002 ist sie, vom Breema Center zertifiziert, Breema-Praktizierende und seit 2004 international tätig als Breema-Seminarleiterin. 

Seit 2002 absolvierte sie diverse psychologische Ausbildungen mit großem Selbsterfahrungsanteil, v.a. auf der Grundlage der Individualpsychologie nach Alfred Adler.

Sie ist befähig zum Arbeiten mit Einzelnen und Gruppen, u.a. mit maltherapeutischen und anderen kreativen Methoden wie auch mit Elementen aus Konzentrativer Bewegungstherapie (KBT), Gestalttherapie, Psychodrama und Biographiearbeit.

Seit 2003 leitet sie freiberuflich Seminare, gibt Supervision & Einzelcoachings. Seit 2016 ist sie

in Kosel bei Eckernförde in ihrer eigenen „Praxis für Inneren Frieden“, wie auch als Autorin für verschiedene Magazine tätig.

Ihr Schwerpunkt ist die Arbeit mit Menschen, die beruflich, ehrenamtlich oder privat viel Sorge für

andere tragen und Fürsorge und Selbstfürsorge mehr in Balance bringen wollen.

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